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BSA Bern, Architektur verstehen, , Walter Hunziker

Kulturerbejahr 2018 – Lory-Spital

Kulturerbejahr 2018 – Lory-Spital

Die Architektur heilt mit. Lory-Spital von Otto Rudolf Salvisberg und Otto Brechbühl

Welcher Spitalbau empfängt den Besucher heute noch über eine elegante Vorfahrt mit Blumenparterres, welche unter einem grosszügigen transluziden Vordach zum Haupteingang führt? Hinter der Klarheit und Unbeugsamkeit der symmetrischen Gesamtanlage spürt man Wohlwollen und Wärme in der Materialanwendung. Durch einen nüchternen, aber dezent ornamentierten Empfangsbau gelangt man ins Innere.

Der von aussen gut erkennbare, breit ausladende, eher behäbig und ein bisschen bernerisch anmutende Baukörper mit seinem flachen Walmdach mit Blechverkleidung steht im Zentrum der Anlage. Diesem in sich ruhenden quaderförmigen Volumen werden gegen Süden und seitlich weit auskragende Balkonterrassen und Liegehallen aufgesetzt mit betont horizontalen Brüstungsbändern und lateral vorspringenden Elementen. Die nur nordseitig gerundeten, südseitig aber rechtwinklig abgeschlossenen Liegehallen verstärken die Wirkung von ausgreifenden Armen oder Flügeln. Diese Spannung zwischen der traditionellen, in sich ruhenden und eher dem Klassizismus verpflichteten Architektur des Kernbaus und der Dynamik der weit in den Raum greifenden, kühn auskragenden Balkonplatten mit ihrer Betonung der Horizontalen macht das Loryspital so einmalig und faszinierend. Vermutlicht hätte das damals geplante Flachdach mit Solarium, welches aus finanziellen Gründen nicht realisiert wurde, diese einmalige Spannung zerstört. Pragmatismus, Funktion und Ästhetik bilden eine selbstverständliche Einheit. Die Unterbringung der Wirtschaftsräume in den Sockelbauten erlaubte im Laufe der Zeit notwendige bauliche Anpassungen ohne die Hauptkomposition zu stören.

Eindrücklich ist ebenfalls die vom Büro Salvisberg und Brechbühl entworfene, funktionell und gestalterisch in die Gesamtarchitektur eingebundene Gartenanlage. Die höhenmässig differenziert abgestuften Gartenterrassen im Süden mit Wasserbecken, die sorgfältig gestalteten Stützmauern, Blumenbeete, Nutzgärten, Wege und Rampen sind alleine schon einen Besuch wert.

Der 1929 nach einem zweistufigen Wettbewerb vom Büro Salvisberg und Brechbühl als Spital für Chronisch-Kranke fertig gestellte Spitalbau ist heute eine Klink für Neurologie und Schmerzerkrankungen. Tägliche Krankenbesuche haben mir diesen „Zweckbau“ aus der Sicht des Besuchers und des Kranken vor Jahren eindrücklich näher gebracht. Trotz modernster Medizin bleibt die Architektur des Loryspitals im Zeichen von Licht, Luft und Ruhe ein wesentlicher Faktor der Heilung und des Wohlbefindens.

Vorgestellt von Walter Hunziker