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Risiko und Chance beim Ausbau der Uni im Länggassquartier

Risiko und Chance beim Ausbau der Uni im Länggassquartier

Uni Muesmatt.
Der Ausbau der Universität in der Strategie 3012 wirft Fragen auf.

Kurz vor und kurz nach der vorletzten Jahrhundertwende verlegte Bern seine Universität ins Länggassquartier. Sie ist seither Teil dieses Quartiers, prägt die Quartierränder gegen Südosten und gegen Nordwesten und besetzt einen wichtigen Teil der Quartiermitte. Die Uni hat auch die Sozialstruktur des Quartiers massgeblich geprägt, wie die Dichte und die Qualität der Wohnbereiche belegen. Das Länggassquartier ist gerade wegen der Durchmischung von Bildungs- und Forschungsbauten mit Wohngebieten eines der gesuchtesten Viertel der Stadt.

Quartierstruktur
Als typisches Wohnquartier des frühen 20.Jh. sind die Strassenräume der mittleren Länggasse geprägt durch die Alineation von mehrgeschossigen Wohnhäusern, manchmal hofartig geschlossen, aber immer mit Vorgartenstreifen. Dies gilt auch für die Muesmatt-, Bühl-, Sahli- und Freiestrasse. Entlang der Ausfallachsen (Länggass- oder Neubrückstrasse) herrschen mehrheitlich städtischere Verhältnisse, 4-5 Geschosse mit Mansarddach, aber ohne Vorgärten direkt den Strassenraum definierend. In dieser Bebauungsstruktur hatte es auch Platz für Gewerbebetriebe verschiedener Grösse, welche zum Teil mit der Zeit ganze Areale besetzten, oder auch für grossflächige, geplante Arealüberbauungen. Aus dieser Sicht bildet das Areal der Uni Muesmatt im weiteren Sinn keine Ausnahme.

Projektstudie Uni Muesmatt
Bisher ist die Integration der Unibauten, insbesondere durch Massstab und Gliederung, in das Quartier meist gut gelungen und auch architektonisch hervorragend gelöst, wie die Bauten von Uni-Tobler und die Umnutzung des von Roll Areals zeigen.
Damit dieses Qualitätsniveau auch im Rahmen der Planung 3012 weitergeführt werden kann, ist es wichtig, dass die neuen Bauten der Uni Muesmatt den Rahmen der städtebaulichen Quartierregeln  respektieren. Anders als an den von der Uni besetzten Rändern gehört das Gebiet Muesmatt zu den Weichteilen der Länggasse, ist es doch völlig eingebettet in feinmassstäbliche Wohnquartiere und eingefasst von zwei Meisterwerken der Schweizer Architektur, der Pauluskirche von Karl Moser und den Institutsbauten von Otto Rudolf Salvisberg und Otto Brechbühl, Objekte von nationaler und internationaler Bedeutung. Für die Universität, welche mit den beiden erwähnten Umnutzungen und den Salvisbergbauten einen herausragenden Beitrag zur Baukultur geleistet hat, sollte es eine Verpflichtung sein, an diesem Anspruch festzuhalten, wodurch auch die Integration der Neubauten ins Quartier gesichert sein wird. Unter allen Umständen ist ein von niemandem gewünschter Fremdkörper, der nicht in die Bebauungsstruktur des Quartiers passt, zu vermeiden. Es ist anzunehmen, dass ein solches Projekt von der Quartier- und Stadtbevölkerung nicht angenommen würde.
Aus der Sicht des BSA liefern die vorhandenen Projektstudien und Vorarbeiten zwar eine Grundlage für die Analyse der architektonischen und städtebaulichen Gesamtproblematik einer künftigen verdichteten Überbauung des Areals. Freilich ist er auf Grund der Unterlagen zum Schluss gekommen, dass die Quartierverträglichkeit der angestrebten Nutzung im Entwicklungsplan Uni Muesmatt und den ihm zugrundeliegenden Studien nicht ausreichend abgeklärt worden ist. Als Grundlage für einen einstufigen Wettbewerb sind Entwicklungsplan und Studien ungenügend. Zur ausreichenden Klärung und Festlegung der oben genannten Prämissen eines Wettbewerbs müssten vorgängig vertiefte Analysen und Vorarbeiten vorgeschaltet werden, die dann eine Wettbewerbsstufe ersetzen könnten. Im Sinne eines konstruktiven Beitrags erlaubt sich der BSA die folgenden Fragen und Empfehlungen zu formulieren:

Eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten
Der BSA hält den erarbeiteten Entwicklungsplan Uni Muesmatt für voreilig und nicht zielführend. Es besteht die grosse Gefahr, dass wegen eines exzessiven Nutzungsmasses mit eingeengtem Spielraum auf einem überforderten Areal auch die besten Architektenteams nur die am wenigsten schlechte, nicht aber die wirklich beste Lösung erarbeiten können. Mit einer ernsthaften Hinterfragung dieser Punkte würden neue Gestaltungsfreiheiten und Baumassenverteilungen möglich.

Beschattungssituation Freiestrasse, Strassenräume und Anschlüsse
Aus Sicht des BSA muss als Grundlage für einen Wettbewerb mittels Simulationen die Beschattungsproblematik und mittels Modellen und Visualisierungen die Qualität und Altbauverträglichkeit in den Strassen- und Freiräumen überprüft werden.

Erschliessung und Freiräume
Die vorgesehene Nutzungsdichte, die häufigen Verlegungen einer grossen Zahl von Personen von einem Unterrichtslokal zum anderen und nicht zuletzt die Tatsache, dass eine Universität ein Ort des intensiven offenen Meinungsaustausches sein soll, ist aus der Sicht des BSA in den bisherigen Studienprojekten ungenügend berücksichtigt.
Ein zentrales Thema ist ferner der Zugang zur Parkierung von PWs und Velos sowie die Anlieferung durch Schwertransporte. Die vorgeschlagene Zufahrt via die Baltzerstrasse erscheint in mancher Hinsicht als problematisch.

Konkret plädiert der BSA, der sich aus Sorge um das Quartierbild, um die Spitzenbauten, namentlich aber aus Sorge um gute zeitgenössische Architektur zu Wort meldet, dafür, dass die nötigen Variantenstudien unter Berücksichtigung der Quartierstruktur vor der Ausschreibung des Architekturwettbewerbs überprüft werden.

vorgestellt von Walter Hunziker, Magdalena Rausser, Christoph Schläppi, Jürg Schweizer, Patrick Thurston, Jürg Zulauf