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werk, bauen + wohnen 4-2018

werk, bauen + wohnen 4-2018

Politecnico Milano, Entwurfskritik im Bachelor, die Studierenden klappen ihre Laptops auf: Entwurfserklärung mit der Webseite von Pinterest. Vier Referenzen für vierzig Meter Freiraumentwurf, sie liegen meilen- und jahrzehnteweit auseinander. Was früher Bildung durch Sammlung erforderte, ist heute mit einem Klick getan. Digitale Plattformen füttern den unendlichen Bilderstrom. Ein Bild macht die Architektur kommodifizierbar: Das Image verkauft das Projekt.

Das war nicht immer so. Als die Zürcher Analogen in den 1980er Jahren in Wettbewerben und an Ausstellungen ihre Perspektiven präsentierten, lösten sie beim Fach- und Laienpublikum noch Befremden aus. Grund dafür war nicht nur ihre melancholischdüstere Stimmung, sondern auch die neue Technik der Bildmontage. Mit den Bildern war an die Stelle von Problemanalyse und Grundriss-Arbeit das Montieren von Stücken der Architekturgeschichte getreten, mehr oder weniger beredt, nurmehr für das geübte Auge nachvollziehbar. «Zeig her deine Analogie» war Aufforderung und Credo bei Kritiken und im
Gespräch unter Kollegen.

Die Quintessenz der Analogen Lehre um Fabio Reinhart und Miroslav Šik war, alleine der Aussagekraft des Bildes zu vertrauen und das Handwerk des Entwerfens ganz in deren Dienst zu stellen. So wurde es möglich, Architektur als Benutzeroberfläche für das Auge zu verstehen. Reinhart und Šik konnten nicht ahnen, dass ihr Verfahren eine kongeniale Vorlage abgeben würde für die digitalen Bilder. In der schönen neuen Welt jedoch liegt uns das bewusste Auswählen und mühevolle Xerographieren von obsessiv gesammeltem Bibliotheksmaterial fern.

Durch die universelle Verfügbarkeit gerät die Transformation der Bilder meist ins Hintertreffen. Doch das Verschmelzen der Referenzen zu einem starken Entwurf, sagen Adam Caruso, Elli Mosayebi und Martin Steinmann in diesem Heft, sei die zentrale Herausforderung. Und das Verwenden historischer Referenzen setzt Wissen um den Kontext voraus, in dem diese entstanden und der ihnen ihre Bedeutung verleiht. Erst wenn sie als notwendige Elemente zu einem Teil des neuen Entwurfs geworden, gewissermassen also verdaut sind, stiften Referenzen neuen Sinn als Teil einer zeitgenössischen und realistischen Architektur. — Tibor Joanelly und Roland Züger

Hier kann Heft 4-2018 bestellt werden