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BSA-FAS, Politik,

Zersiedelungsinitiative: Position des ZV des BSA

Wer mit offenen Augen durch die Schweiz fährt, kann mit der gebauten Realität nicht zufrieden sein. Zu lange wurde zu wenig getan für ein nachhaltige, zukunftsfähige Siedlungsentwicklung. Zwar sind seit Anfang der 1980er Jahre Bundesgesetze in Kraft, aber ihnen wurde in fast allen Regionen der Schweiz nur oberflächlich Folge geleistet. Viele Gemeinden interpretierten das Gesetz sehr grosszügig und leisteten damit der Zersiedelung Vorschub. Die Kantone drückten beide Augen zu und liessen die Gemeinden gewähren.

Vor diesem Hintergrund ist das Hauptanliegen der Zersiedelungsinitiative nachvollziehbar. Dem Laissez-faire in der Raumplanung soll endlich ein Riegel geschoben werden. Nach Jahrzehnten des ungebremsten Wachstums in die Landschaft sollen wir uns mit dem Bauland begnügen, das schon da ist. Die Zukunft liegt in der Siedlungsentwicklung nach innen, so wie sie die erste Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG 1) vorsieht. Wer A sagt, sollte also auch B sagen: Die Entwicklung hin zu verdichteten, qualitativ hochwertigen Siedlungen funktioniert nur, wenn der Druck aufrechterhalten wird. Die Forderung der Initianten ist deshalb klar und unmissverständlich: Es darf kein weiteres Bauland mehr eingezont werden.

Der Zentralvorstand des Bunds Schweizer Architekten BSA teilt das Unbehagen, das mit der Initiative ausgedrückt wird. Die nachhaltige Entwicklung unserer Siedlungsräume ist ihm ein zentrales Anliegen; er begrüsst die Stossrichtung, wie sie im RPG 1 angelegt ist, und betrachtet die qualitative Siedlungsentwicklung nach innen als grosse Chance für die ganze Gesellschaft.


Das vollständige, schweizweite Einfrieren der Bauzonen wie von der Zersiedelungsinitiative gefordert hält der Zentralvorstand des BSA jedoch nicht für das richtige Mittel, um das Ziel zu erreichen. Mit dem Inkrafttreten von RPG 1 vor sechs Jahren begann in den Kantonen ein Prozess, der noch nicht zum Abschluss gekommen ist und dessen Wirkung sich erst nach und nach entfaltet. Grosse und bevölkerungsreiche Kantone wie Bern und Zürich haben in ihren neuen Richtplänen die Forderung der Initiative bereits erfüllt: Die Fläche der Bauzonen darf sich in den nächsten 15 Jahren nicht mehr ausdehnen. In anderen Kantonen wie etwa dem Wallis, Waadt und Luzern sind Rückzonungen des viel zu grosszügig dimensionierten Baulandes im Gang. Der Zentralvorstand des BSA verfolgt diese Entwicklung mit Genugtuung – im Wissen darum, dass wie schon in all den Jahrzehnten zuvor der Vollzug der entscheidende Punkt in diesem von der Bundespolitik geforderten Konsolidierungsprozess darstellt.

Der Zentralvorstand des BSA lehnt die Zersiedelungsinitiative ab, weil sie ein komplexes, regional ausdifferenziertes Problem mit einer starren Regelung lösen will. Die Initiative produziert rechtliche Widersprüchlichkeiten, gerade hinsichtlich der laufenden Implementierung von RPG 1 und der bevorstehenden Gesetzesvorlage zu RPG 2. Via einer von den Initianten vorgeschlagenen Bauzonenbörse sollen «unnötige» Bauzonen von schlecht erschlossenen Lagen in die Zentren und Agglomerationen «verschoben» werden können. Konkrete Vorschläge, wie dieser Handel praktiziert werden könnten, bleiben die Initianten allerdings schuldig und überlassen die Umsetzung den Eidgenössischen Räten – ein Vorgehen, das zuviele Risiken birgt und das der Zentralvorstand des BSA nicht teilen kann.

Mit Rücksicht auf die Mitglieder des BSA, die in dieser Frage gespalten sind, verzichtet der Zentralvorstand des BSA auf eine Abstimmungsempfehlung.


Basel, den 1. Februar 2019
Zentralvorstand Bund Schweizer Architekten