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BSA-FAS, Politica, , Caspar Schärer

«Baugesetze formen» entwickelt sich weiter

«Baugesetze formen» entwickelt sich weiter

Vier Monate sind vergangen, seit Gregory Grämiger, BSA-Stipendiat 2016-18, an der Generalversammlung in Bellinzona die Publikation «Baugesetze formen» vorstellte. Seither hat Grämiger mit Entscheidungsträgern und Fachleuten über die Ergebnisse seiner vom BSA finanzierten Forschungsarbeit gesprochen. Die Interviews können auf der Webseite baugesetze-formen.ch nachgelesen werden.

Peter Märkli und Elisabeth Rutz, die 2011 zusammen mit der Landschaftsarchitektin Rita Illien und dem Raumplanungsbüro STW für die Gemeinde Glarus Nord einen neuartigen Zonenplan entworfen haben, stellen an den Zonenplan und die Baugesetze ganz grundsätzliche Fragen: «Mein grösster Vorwurf am Zonenplan ist, dass er keine Vorstellung der Zukunft in sich trägt», so Märkli. In ihrem Entwurf entwickelten sie die Zonenplanung weg von der Fläche und der Ausnützungsziffer hin zur Sicherung der Qualität der Frei- und Strassenräume sowie zur Definition von einfachen Bauvolumen für jede Parzelle. Der Entwurf ist bekanntlich an der Urne gescheitert. Märkli und Rutz sind trotzdem zuversichtlich: «Die Zeit scheint gekommen zu sein, in der hinsichtlich der Raumplanung und Baugesetzgebung etwas Neues entstehen kann.»

Martin Hofer, Entwicklungsberater und Mitgründer von Wüest & Partner, präsentiert plakative Denkanstösse: «Ich plädiere dafür, die Zonen aufzuheben. Die Nutzung soll frei sein. Im besten Falle entstehen multifunktionale Siedlungen und Städte mit einer vertikalen statt horizontalen Verteilung der Nutzungen.» Auch Hofer will die Baugesetze radikal vereinfachen; für die qualitativen Fragen würde eine Ethikkommission eingesetzt.

Alain Griffel, Professor der Jurisprudenz mit Schwerpunkt Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht an der Universität Zürich, analysiert messerscharf, dass a) in der Raumplanung die Steuerkraft des Rechts sehr beschränkt sei und dass b) in den Kantonen und Gemeinden grosse Vollzugsdefizite herrschen. Griffel hält zwar die heutigen Nutzungspläne für «grobschlächtig und einfach», fragt sich aber gleichzeitig, ob verfeinerte Instrumente sachgerecht in den bestehenden Rechtskorpus integriert werden können. Letztlich plädiert der Professor für Pragmatismus: «Vielleicht geht man über einen Sondernutzungsplan, vielleicht schafft man eine neue Zone mit spezifischen Ausrichtungen. Das ist gar nicht so entscheidend. Viel wichtiger ist der Prozess davor.»

Der Jurist und Raumplaner Hansruedi Diggelmann besinnt sich auf das altes Mantra der Rechtswissenschaft «Recht entsteht durch Verfahren» und fordert: «In diesem Sinne müsste man beherzt neue Verfahrensbestimmungen schaffen, statt in pedantischer Akribie Masse und Baugegriffe zu harmonisieren.» Des Weiteren erinnert Diggelmann im Interview daran, dass in den Baugsetzen in der Regel die «unbefriedigende Gesamtwirkung» oder Gestaltung als Ausschlusskriterium genannt wird - dass aber umgekehrt besonders gute Architektur baurechtlich nicht gefördert wird.

In Kürze folgen weitere Interviews mit Joris van Wezemael, Geschäftsführer SIA, und Lukas Bühlmann, Direktor Espace Suisse.

Ausserdem auf baugesetze-formen.ch: weitere Stellungnahmen, besonders lesenswert etwa jene von Martin Klopfenstein, BSA Bern Solothurn Freiburg Oberwallis. Weiterhin sind alle herzlich dazu eingeladen, Meinungen zu den aktuellen und Vorschläge für künftige Baugesetze abzugeben.

Mittelfristiges Ziel der Kampagne ist die Bildung einer Allianz für bessere Baugesetze, in der alle Fachverbände und interessierte Organisationen vertreten sind. Baukultur ist auch eine Frage der Baugesetzgebung!