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werk, bauen + wohnen 10-2019

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David gegen Goliath am Stadtrand

Im Norden und Süden Luzerns herrschen die Gesetze der Agglomeration, wie anderswo auch. Ungleichzeitiges steht willkürlich nebeneinander; Autobahnzubringer neben Occasionscentern, Einfamilienhausquartiere neben Einkaufszentren, traditionelles Gewerbe neben schicken Neubauten. Die Kontraste sind jäh, die Wechsel abrupt, einst bedeutende Dorfstrassen enden an der Lärmschutzwand der  Autobahn. An beiden Polen der traditionsreichen Kantonshauptstadt grassiert zugleich das Baufieber, Investoren planen um die Wette. Die bis vor kurzem noch in ihrem Selbstbild noch durchaus ländlichen Vorstadtgemeinden haben grosse Herausforderungen zu packen. Im Norden wie im Süden Luzerns gibt es starke Bemühungen, die Dynamik zu nutzen, um aus dem chaotischen Bestand geordnete Stadträume wachsen zu lassen. Hier wie dort sollen Plätze und Strassenräume geschaffen werden, die Orientierung und Aufenthaltsqualität verbessern, und dem Langsamverkehr wird mehr Platz eingeräumt.

Dabei wird eines deutlich: Gegenüber den enormen Kräften des Marktes, den vermeintlichen Sachzwängen des Individualverkehrs, dem Verhandlungsgewicht der Investoren und dem Desinteresse der Grundbesitzer haben Planerinnen und Planer im Kampf für städtebauliche Qualität einen schweren Stand – die beamteten ebenso wie die freiberuflichen. Nur mit Beharrlichkeit, List und offenen Augen können sie die Entwicklung in ihrem Sinn steuern. Zu befehlen gibt es nichts, zu schwach sind der politische Wille und der Rückhalt der Planung. Die politisch auferlegte Sparsamkeit der Gemeinden versetzt manchen Bemühungen den Dolchstoss.

Trotzdem zeichnet sich ab, dass am Seetalplatz in Emmen wie auch am Mattenplatz in Kriens zentrale Orte mit städtischer Aufenthaltsqualität entstehen. Auch die traditionellen Zentren von Horw und Kriens beginnen dank neuerer Planungen, eine städtische Sprache zu sprechen. Damit dies gelingt, braucht es nicht nur die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt, sondern auch den langen Atem, um einen Prozess mit schwergewichtigen Akteuren aus einer Position der Machtlosigkeit heraus zu steuern: Dies erfordert von Politik und Planern ein bürgerschaftliches Engagement weit über ihren offiziellen Auftrag hinaus. — Daniel Kurz, Roland Züger