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werk, bauen + wohnen 5–2018

werk, bauen + wohnen 5–2018

Keine Angst vor dem Territorio

«Unser erster Blick richtet sich immer auf das Territorio.» Die Aussage könnte von den Exponenten jener Tendenza stammen, welche Tessiner Architektur in den 1970er und 80er Jahren international bekannt machten, oder von Vertretern der jungen Generation Architekturschaffender im Südkanton. Doch sie steht im Leitbild des Immobilienentwicklers Artisa. Das Unternehmen mit Sitz in Lamone ist innert weniger Jahre zu einem der grossen Player aufgestiegen, welche den Tessiner Hochbaumarkt heute dominieren – und von Kritikern gerne für die uferlose Zersiedelung der Landschaft und den Verlust an Baukultur mit verantwortlich gemacht werden. Im Wort Territorium schwingen immer auch Fragen nach Besitz, Macht und Herrschaft über die Landschaft mit.

Ist der in den 1960er Jahren von Vittorio Gregotti initiierte, moderne Diskurs über das Territorio dadurch schon obsolet geworden, dass er auch zur Rechtfertigung kommerzieller Interessen genutzt wird? Wir glauben: nein.

Es ist gerade jetzt wichtig, dass sich möglichst viele der an den politischen, wirtschaftlichen und baulichen Prozessen Beteiligten über das gemeinsame Interesse an Qualität, Würde und Schönheit von Siedlung und Landschaft verständigen. Denn der südliche Landesteil befindet sich mitten in einem so tiefgreifenden Wandel, dass entschlossenes Handeln not tut, um eine historische Chance nicht zu verpassen: Mit den neuen Basistunnels durch den Gotthard und den Monte Ceneri rückt das Tessin näher an die Deutschschweiz und an Mailand – aber auch seine Kantonsteile rücken enger zusammen.

Bedingt durch die landschaftliche Enge und die Begrenztheit des bebaubaren  Bodens ist die Landschaft im Tessin besonders fragil – und bietet sich gleichzeitig eine äusserst vielversprechende Ausgangslage, um das Territorio zu «beherrschen», neu zu denken und zu gestalten. Wir hoffen, mit diesem Heft dazu beizutragen, dass darüber ein Common Ground entsteht, auf dem das Tessin eine neue städtebauliche Identität findet.

werk, bauen + wohnen dankt der FAS Ticino und insbesondere deren Präsident Francesco Buzzi sowie Renato Magginetti für die wertvolle Unterstützung bei der Realisierung des vorliegenden Hefts. — Benjamin Muschg, Tibor Joanelly

Hier kann Heft 5-2018 bestellt werden